Pfarrkirche Martell und Kapellen
Martell hatte ursprünglich in vorromanischer Zeit wohl nur temporäre Besiedelung aus den Almen vom Vinschgau her. Daran mag die legendäre Ansicht knüpfen, dass die erste Seelsorge vom "Klösterle" aus (oberhalb von Zufall im Hinteren Martelltal auf 2.489 m) erfolgt sei. Nach der Entstehung von Dauersiedlungen auf den Murbruch-Flächen (= Martell) soll bereits um 1203 eine Kapelle zur Hl. Walburga bestanden haben.
Am 22. März 1303 schlossen die Bewohner von Martell mit dem Deutschen Orden in Schlanders einen (auch deutsch verfassten!) Vertrag ab: Auf Kosten des Ordens musste nun ein Priester an allen Sonntagen (früher nur jeden dritten Sonntag) in der "Capelle Sant Walpurgen 013 singend oder sprechend" eine Messe feiern. Dieser Vertrag wurde 1367 dahin ergänzt, dass nunmehr auch an 14 Festen eine Messe zu feiern war.
Die ursprüngliche Kirche war romanisch mit Chorturm und abgesetzter Rundapsis. Dort waren (jetzt verfallene) Evangelistensymbole und Heilige dargestellt, etwa aus der Zeit der ersterwähnten Kirchweihe um 1440. Das übermalte Christophorusbild an der Außenwand vom Turm trug die Jahreszahl 1557 in gotischer Schrift.
Um 1650 wurde die Kirche vergrößert, wobei nun das alte Presbyterium abgetrennt, das bisherige Schiff zum Chor gemacht und ein neues angebaut wurde. Um 1759 wurde dieses um ein weiteres Joch verlängert. Im gleichen Jahre signierte der k.k. Kammermaler Adam Mölck das barocke Deckengemälde im Langhaus, das den Abschied von Walburga aus dem weltlichen Leben, Johannes von Nepomuk, Ignatius und in den Zwickeln die Evangelisten darstellt. Kurz später wurde im letzten Bauteil oberhalb der Empore die Aufnahme Mariens, die Hl. Barbara und Katharina dargestellt. Im Chor befinden sich die Darstellung der Verkündigung Marienes und zweier Kirchenväter. Am Triumpfbogen wurde 1907 ein Kruzifix von J. Haun aus Fügen im Zillertal angefertigt anlässlich seiner Freskenrestaurierung.
Die Fenster
lieferte 1908 die Glasmalerei Strobl-Jäger, Brixen. Das Seitenportal wurde 1865 und das Hauptportal 1889 eingesetzt. Der neuromanische Altar wurde 1887 fertiggestellt. Dort stellte das zentrale Bild die Patronin Walburga dar; die Statuen Josef und Anna, Petrus und Paulus (zweite Patrone), dann Martin und Nikolaus, Franziskus und Antonius, Aloisius und Katharina.
Die Kanzel,
ebenfalls neuromanisch trägt die Evangelistenbilder mit Paulus und Johann von Nepomuk. Die Stationen stammen von Hermann Offenheimers Kunstanstalt in Innsbruck, von Prof. Klein um 1880 gemalt.
Der Taufstein
trägt am Sockel die Jahrzahl 1809.
Die neueren Restaurierungen versuchen dem theologischen und liturgischen Umdenken Rechnung tragen. 1966 hat der akademische Maler Johann Peskoller von Bruneck eine Innenrestaurierung vorgenommen. Der Volksaltar wurde aus den Seitenaltären gefertigt, die Kanzel in die neue Form gebracht 013 bis 1985 anlässlich weiterer Sanierungen auch neue Bänke von Einheimischen Tischlern gefertigt wurden.
Die Gläubigen können somit in froher Weise rechts vorne an dem Quellbrunnen des neuen Lebens aus der Taufe, dann vom Wort Gottes und dem Sakrament der eucharistischen Liebe schöpfen: Christus wohnt in unserer Mitte.
Die Marienstatue
am Seitenaltar soll für alle ein Ort der Zuflucht sein, für jene welche sich mit Sorgen und Nöten des Lebens sich zur Mutter aller Gläubigen vertrauensvoll wenden wollen.
Das Bild des seligen P. Josef Freinademetz in der Seitennische erinnert uns an die Verpflichtung den Glauben zu leben und weiterzugeben.
Der Kirchturm,
weithin sichtbar, ist ein Fingerzeig nach oben. Er trug die älteste Ruferin, die große Glocke mit der Jahreszahl 1582. Im Jahre 1842 wurde die Turmspitze von den Schallöchern aufwärts neu aufgesetzt und neue Glocken angeschafft, bzw. umgegossen und vergrößert. Aus dieser Zeit stammt heute noch die mittlere Glocke von 300 kg. Die übrigen Glocken wurden bei Graßmeier in Innsbruck umgegossen. Ihr Gewicht beträgt 740, 510, (300), 210, 148 kg. Abgestimmt sind sie auf das erweiterte "salve regina" Motiv. Die Glockenweihe war 1968. Damals wurden auch Metallglockenstühle und Elektromotoren eingesetzt. Die Warmluftheizung wurde 1970 eingebaut.
Die Kirchenfahnen
sind nach dem 2. Weltkrieg erneuert worden, wobei erwähnt werden kann, dass eine den schwarzen Doppeladler trägt. Diese Gunst wurde durch die historischen Verdienste der Perkmannschen Verwandtschaft (im Engadinerkrieg 1499 an der Goldrainer Brücke) vom Landesfürsten neben Steuerfreiheit oder einem Salzregal angeboten. Die Wahl fiel auf dieses Symbol, welches seit 1969 auch im Gemeindewappen aufscheint.
Kapellen
Die Friedhofskapelle ("Beinkirchl") wurde anstelle einer alten, baufälligen im Jahre 1894 erbaut und dient gegebenenfalls als Leichenkapelle. Im Untergeschoss befindet sich der Heizraum, der 1968 anlässlich der Friedhofsarbeiten ausgehoben wurde.
Alte Schmuggler erzählten, dass sie n den 20er und 30er Jahren ihr Schmuggelgut am Dachboden des Beinkirchleins versteckten, dort war es am sichersten. Die Italienischen Finanzer waren scharf darauf diese Sachen zu finden.
Die Wallfahrtskirche auf der Schmelz (Unsere liebe Frau im Walde) steht etwa 5 km taleinwärts an der Straße, wo schon 1448 ein Bergwerk in der Nähe erwähnt wird. Die alte Kapelle wurde 1711 vom Grafen Hendl aus Kastelbell für seine Knappen erbaut; der Turm, wurde 1856 erbaut.
Im Jahre 1894 wurde das Kirchlein etwa 1 m aufgefüllt, das Tonnengewölbe abgebrochen und eine Verlängerung von 1 m vorgenommen in neugotischem Stil.
Zur Patroziniumsfeier am 1. Sonntag im Juli (Maria Heimsuchung am 2. Juli) wird eine Feldmesse mit Predigt vom Stein aus gehalten.
Die Zufallkapelle bei der gleichnamigen Schutzhütte wurde von den Standschützen während des 1. Weltkrieges in ihrer Freizeit erbaut und am 4.10.1916 dem Herzen Jesu geweiht. Hochgebirgstouristen suchen sie gerne auf.
Die 1880 erbaute Kapelle auf Hochegg ist eine Kreuzkapelle. Da sie abgelegen ist, wird öfters in einem Raum der früheren Außenschule bei Niederhof ein Gottesdienst gefeiert.
Die Kapelle zu den 14. Nothelfern auf Radund wurde von Eustachius Walder ex voto im Jahre 1709 erbaut. Laut Erlaubnis des damals zuständigen Bischofs von Chur vom 24.1.1749 durften dort wöchentlich zwei heilige Messen gefeiert werden.
Das Kirchlein St. Martin auf Steinwand war ursprünglich als Wegkapelle angelobt und vom Kaiserjäger Christian Altstätter in der Schlacht von Custozza im Jahre 1848. Aber er erinnerte sich erst vor seinem Tode wieder daran. Auch die Seinen nahmen das Versprechen nicht ernst bis sich in Haus und Stall allerhand ereignete. Daraufhin nahm Josef Braitenberger von Steinwand den Bau einer Kapelle in die Hand, die 1873 benediziert wurde.
Die Kapelle zu den heiligen Dreikönigen auf Salt wurde von Martin Gamper zu Außersalt erbaut, nachdem die Plima 1772 das frühere Badehaus am linken Ufer weggeschwemmt hatte.
All diese Kapellen sind Privatbesitz der jeweiligen Höfe!
Friedhof
Der Friedhof liegt seit jeher an der Kirche, weil die Gläubigen in ihrem Schoße die letzte Ruhe finden wollten. Wegen der ungünstigen Lage machte derselbe in Martell manches durch: Eine Erdabrutschung hat sich 1845 bis vor den Kircheneingang gelegt und 1939 stürzte die Mauer vom Beinkirchl bis zur Kante vor dem Schuleingang ein. Dies hinterließ einen schaurigen Eindruck.
Durch den Bau der Friedhofskapelle wurde er erst mal ein wenig vergrößert, neuerlich dann 1968/70 und dann 1985 um den obersten Stufenteil. Inzwischen wurde auch 1975 eine Friedhofsordnung erlassen, damit das Gesamtbild etwas koordiniert erscheint.
Hinter dem großen Kircheneingangstor wird ein größerer Platz in Rundform errichtet, wo auch das neue Kriegerdenkmal angebracht wird.
Der "Pfarrwidum", das alte, aus Holz gebaute Haus, war baufällig geworden. 1766 bis 1769 wurde ein neues erstellt. 1845 wurde es um einen Stock erhöht und 1978 wurde es von der Gemeinde renoviert und an die Zentralheizung angeschlossen. In die Gartenmauer wurde eine Autogarage hineingebaut.
Die Orgel
Die gegenwärtige Orgel ist nicht die erste in Martell. Sie wurde von Franz Reinisch I aus Steinach a. Br. im Jahre 1858 als zweimanualiges Instrument (11 5 5 Reg.) erbaut und hat in Südtirol von den Franz-Reinisch-Orgeln den höchsten Originalitätswert. Es sind die ursprünglichen Prospektpfeifen vorhanden (Form von zwei Harfenfeldern mit je 19 Pfeifen).
Eine größere Überholung wurde 1909 durch Johann Platzgummer (Naturns) durchgeführt. Der 1931 durch Erwin Aigner errichtete freistehende Spieltisch wurde durch Leopold Stadelmann (Eggen) wieder rückgängig gemacht.
Seit 1955 hat sie ein elektrisches Gebläse, das 1988 in den Orgelraum (früher Dachboden) verlegt wurde.
Mesnerei
Die Wohnung für den Mesner befand sich im alten Schulhaus im oberen Stock. Bis 1960 sammelte der Mesner noch immer seine "Mesnergarben"; jeder Hof war verpflichtet, beim Kornschnitt im Acker für den Mesner je nach Hofgröße die bestimmte Anzahl Garben (3 bis 12) stehen zu lassen, die er sich mit der Kraxe holte und Heim trug.
Der Mesner musste bei gefährlicher Witterung bei Hagelschlag oder Schneefall in den Sommermonaten "Wetterläuten", und das dauerte oft lange.
Für das Leuten bei den Gottesdiensten meldeten sich gerne junge Burschen, die in den Turm stiegen und an den Glockenseilen zogen. Jetzt wird elektrisch geläutet.
Die Aufgaben des Mesners waren mit dem Läuten noch nicht erschöpft. Er musste die Kirchenwäsche machen, die Kirche sauber halten, den Weg um die Kirche vom Schnee freischaufeln und in der Sakristei den Dienst versehen sowie bei Begräbnissen helfen.
Die Lurl 013 der Böllerschießstand
Sie wird heute noch an kirchlichen und weltlichen Festtagen der Gemeinde betätigt.
Ihre Entstehungszeit lässt sich nicht mehr erkunden, Schätzungen zufolge kann sie 200 bis 250 Jahre alt sein.
Es wurde bereits bei der Glockenweihe 1842 geböllert. In diesem Jahrhundert war das Böllern zeitweilig untersagt, so während des 1. Weltkrieges, weil Martell damals Kriegszone war; dann in den 60er Jahren wegen der Sprengstoffanschläge in Südtirol. Danach konnte die Lurl nicht mehr in Betrieb genommen werden, weil der ganze Bau zusammenzufallen drohte. Freiwillige Männer schlossen sich zu einem Komitee zusammen und begannen den noch weitum einzigen Schießstand dieser Art vor dem entgültigen Verfall zu retten. Handwerker und Handlanger renovierten Mauerwerk, das Holzgebäude, setzten ein neues Schindeldach auf und brachten den großen Trichter auf Standfestigkeit.
Die jetzt instandgesetzte Lurl konnte bei der Einweihung des Bürgerhauses am 24. Oktober 1982 ihre Schüsse weit ins Tal hinaustönen und die Vollendung eines gelungenen, schönen Werkes den Bürgern verkünden. Heute wird mit Gas geschossen, Schießmeister ist Michael Schwienbacher.
Das Mitteilungsblatt der Gemeinde Martell
Von jeher bis 1974 wurden Kundmachungen teils in der Kirche von der Kanzel nach der Predigt vom Geistlichen, teils lautstark von einem Gemeindeangestellten oder vom Vorsteher selbst am Kirchplatz verkündet. Deswegen stellten sich Männer nach dem Hauptgottesdienst am Kirchplatz auf, um zu hören, was "verlesen" wurde. Auch Wiederrufe wurden dort bekannt gegeben.
Wer in die Kanzlei der Gemeinde kommen musste, konnte das gleich anschließend erledigen; man brauchte nicht an einem Werktag herzukommen. Der 1974 neu gewählte Bürgermeister, Erwin Altstätter, führte nach seiner Vereidigung das "Mitteilungsblatt der Gemeinde Martell" ein.
Bald darauf übernahm Hochwürden Pfarrer Sebastian Kröss Redaktion und Druck des so geschätzten Blattes, das jeden Sonntag nach dem vormittägigen Gottesdienst ausgeteilt wird, ebenso liegt es in den Geschäften auf.
Die Mitteilungen der Vereine und der Gemeindeverwaltung wurden dem Pfarrer im Laufe der Woche übergeben oder ins Postkästchen geworfen.
Mittlerweile hat ein Beamter der Gemeinde Martell die Redaktion und den Druck des Mitteilungsblattes übernommen.
Die Seelsorger von Martell
- Gabriel Flecher 1617
- Georgius Indester 1637
- Michael Schienfelder 1652
- Wilhelm Kuntner 1662
- Georg Froschauer 1663
- Johann Markl 1666
- Simon Tanner 1668
- Johann Hueber 1674
- Moritz Bertolla 1675
- Kaspar Schwarz 1680
- Johann Bapt. Pamhackl 1687 013 stammt aus Martell
- Sigmund Belli de Bellfort 1699
- Peter Lechthaler 1703
- Georg Christof Weigele 1710
- Franz Moser 1715
- Johann Litzi 1730
- Josef Pfitscher 1733
- Ulrich Platter 1734
- Paul Klotz 1744
- Lorenz Stricker 1755 013 stammt aus Martell und ist hier 1739 gestorben
- Mathias Ohrwalder 1768
- Josef Tscholl 1793
- Benedikt Ladurner 1809
- Peter Paul Gstrein 1813
- Josef Eberhöfer 1828 013 stammt aus Martell und ist hier 1864 gestorben
- Johann Pirhofer 1840
- Johann Pichler 1854
- Peter Schropp 1864
- Josef Anton Paregger 1875
- Anton Frank 1883
- Martin Tumler 1890
- Alois Pirhofer 1897
- Mathias Lintner 1900
- Alois Kuperion 1901
- Christian Tscholl 1905
- Heinrich Obersteiner 1913
- Josef Gallmetzer 1922
- Johann Gläserer 1930
- Alois Proßliner 1945
- Sebatian Kröß sen. 1958
- Anton Mittelberger 1962
- Sebastian Kröß jun. 1969
- Wallnöfer Alois gest. 2015
- Lanbacher Johann zur Zeit Seelsorger in Martell